Auf dem Presseevent zu Final Fantasy XIV in London bekamen wir die Gelegenheit, mit dem Produzenten und Chefdesigner Naoki Yoshida über die neue Erweiterung Shadowbringers zu sprechen und das Trust System intensiv zu testen. Shadowbringers erscheint am 2. Juli und beinhaltet neben den mittlerweile hinlänglich bekannten neuen Features, wie den beiden neuen Völkern Hrothgar und Viera, neuen Gebieten, wilden Stämmen, den neuen Klassen Revolverklinge und Tänzer, auch das soeben erwähnte Trust System. Dabei handelt es sich um eine weiterentwickelte Version des Trust System aus Final Fantasy 11 und gibt dem Spieler die Möglichkeit, Gruppencontent solo erleben zu können.

Das Trust System ist vielleicht das Element von Shadowbringers, das die Spieler am meisten interessiert. Square Enix versprach uns: „Die Dungeons des Hauptszenarios von Shadowbringers können mit befreundeten NPCs betreten werden. Spieler*innen können so eine Gruppe mit NPCs bilden und diese Dungeons mithilfe des NPC-Koop-Systems, dem Trust System, alleine bestreiten.“ Mehr verrieten sie lange Zeit nicht. Im Netz uferten die Diskussionen und Spekulationen darüber aus, die meisten Fans zogen Parallelen zum gleichnamigen System aus Final Fantasy XI. Aber es blieben viele Fragen offen. Also flog ich zu Square Enix nach London, um Antworten zu bekommen.

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Am Anfang war der Bund der Morgenröte

Eins vorweg: Mit Thancred, Alphinaud und Co. in einem völlig unbekannten Dungeon zu stehen, vollkommen ohne auch nur den Hauch einer Ahnung, was uns erwartet, ist ziemlich aufregend. Eines der neuen Shadowbringers Dungeons namens „Dohn Mheg“ war unser Ziel, ein farbenfrohes Setting, das sich im späteren Verlauf mehr und mehr wandelt.

Die ersten Kämpfe mit meiner künstlichen Gruppe waren eine angenehme Überaschung. Die NPCs waren effizient, aber nicht overpowered. Es fühlte sich wie mit jeder anderen Gruppe aus zufälligen Mitspielern an. Dann kam der erste Boss, ein riesiger Frosch mit einer Menge AE-Schaden, bei dem man schnell und viel laufen musste. Und hier erwartete mich eine Überaschung. Wie es bei unbekannten Bossen meistens der Fall ist, starb ich an den fremden Mechaniken. Und fand die gesamte Gruppe am Anfang der Instanz wieder. Stirbt also der Mensch, verschwinden die NPCs und der Kampf ist vorbei.

Wer sich jetzt fragt, wie das Lore-technisch zu erklären ist, abgesehen davon, daß scheinbar der Bund der Morgenröte immer verfügbar ist, wenn man ihn gerade braucht, den dürfte die Erklärung dazu von Naoki Yoshida in unserem Interview interessieren. SPOILER: Es wird eine Quest geben, bei der man die Erinnerung an seine früheren Mitstreiter, die NPCs, in Kristallen speichert. Diese Kristalle aktiviert man,  wenn man im Begriff ist, ein Dungeon zu betreten. Die NPCs, die uns begleiten, sind also eigentlich nur Kopien, aufgenommen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit. So macht es loretechnisch auch Sinn, daß sich diese Kopien auflösen, sobald man in der Instanz stirbt. 

Aber zurück zum Kampf. Das Verhalten unserer kopierten Begleiter war interessant zu beobachten. Auch in vielen anderen Spielen kämpft man ab und zu mit NPCs zusammen, meistens aber nur kleinere Scharmützel. Dort sind sie dann entweder gnadenlos OP oder sind so nützlich wie eine Nachttischlampe am helllichten Tag.  Hier allerdings waren sie weder noch. Man konnte zwar sehen, daß sie eigentlich wissen, wo sie hinlaufen mussten, aber sie machten ab und zu tatsächlich Fehler. Sie standen in AOEs, liefen in die falsche Richtung oder brachen einen Cast nicht ab, obwohl sie es hätten tun sollen. Sie verhielten sich…wie Menschen. Zu gefühlt 90% taten sie genau das richtige, aber eben nicht immer. Das war angenehm zu sehen und verführte zu der Annahme, daß wenn der Spieler schlecht spielt, auch die NPCs schlecht spielen. 

unser Redakteur Olli mit Naoki Yoshida beim Interview

Wie funktioniert das Ganze?

Das war dann auch meine zentrale Frage im Interview. Diese Frage ließ Naoki erstmal schmunzeln: „Wenn Bosse bestimmte Mechaniken haben und eine mächtige Attacke ausführen, die vielleicht eine gewisse Reichweite haben oder ein bestimmtes Gebiet betrifft, weiß die KI schon, wo sie hinlaufen muss, um diesem Angriff auszuweichen. Zum Beispiel, wenn es vier verschiedene Stellen gibt, zu denen man rennen muss, merkt die KI, wo sie hin sollte, um den geringsten Nachteil zu haben und sich am effizientesten positionieren zu können. Wenn man also während einem Kampf nicht mehr weiß wo man sich hinstellen muss, oder die Mechanik nicht kennt und wie man ihr ausweicht, sollte man am besten den NPCs folgen. Weiterhin gibt es gewisse Charaktereigenschaften bei den NPCs, die sich an deren individueller Geschichte orientieren. Zum Beispiel wenn man Alisaie mitnimmt. Ihre Motivation ist, die Gegner schnell und aggressiv zu erledigen. Ihre Priorität ist: Angriff, Angriff, Angriff. Sie wird wohl die erste sein, die den Limit Break auslöst, nur um weiter angreifen zu können. Oder ein anderer Charakter ist Minfilia. Sie ist noch sehr jung und nicht so kampferfahren. Also wird man öfter sehen, daß sie am Anfang zum Beispiel das falsche Ziel angreift. Wir haben also diese unterschiedlichen Merkmale der NPCs die man mitnehmen kann.“ 

Den Punkt der unterschiedlichen Charaktereigenschaften führt Naoki noch weiter aus: „Wenn man also mit Alisaie zusammen spielt, die so auf den Angriff fixiert ist, wird sie deswegen wohl manchmal die erste sein die fällt. Sie wird vielleicht aus Versehen von einer AOE getroffen und ausgeknockt. Dann kommt ihr ihr Bruder Alphinaud mit seinen Zaubern zu Hilfe, um sie wieder auf die Beine zu stellen. Besonders wenn man mit der Geschichte vertraut ist, kann man eindrucksvoll beobachten, wie die NPCs in solchen Kämpfen zum Leben erwachen.“

Das beschreibt genau das, was ich beobachten konnte. Die NPCs wirkten menschlich, fast sozial, mit ihren ganz eigenen Vorlieben, Stärken und Schwächen. Das System funktionierte einwandfrei und machte die Kämpfe spannend und abwechslungsreich. Zu keinem Moment dachte ich: Ach, sind ja nur NPCs. Es war wirklich, als spielte man mit einer eingespielten 3er Gruppe aus Menschen zusammen.

Besonders zeigte sich das beim 2. Boss, bei dem man sich an bestimmten Stellen positionieren musste, um Strahlen abzufangen, die dem Boss einen tödlichen Buff verpassten. Die NPCs liefen zielsicher zu den Positionen, ich auch. Als ein NPC bemerkte, daß ich mich in denselben Strahl stellen wollte wir er, kehrte er um und versuchte vergeblich, einen anderen Strahl zu erreichen, was zu einem Wipe führte. Die NPCs treffen also eigenständige Entscheidungen. Hätte sich die KI als Ganzes eine Lösung überlegt, wären alle NPCs ein Stück zur Seite gerückt, damit der letzte Strahl noch besetzt werden konnte. 

Funktionsweise der KI

Auch das fragte ich später im Interview. „Das Verhalten der NPCs basiert auf einer schachähnlichen Schwarm-KI. Wenn man also ein beliebiges Dungeon betritt, passieren jedesmal zufällige Ereignisse. Zum Beispiel hat ein Bossgegner eine Art AOE oder er nimmt mal den Spieler und ein anderes Mal einen NPC als Ziel. Es gibt also jede Menge Unterschiede, selbst wenn es nur ein einziges Dungeon ist. Die AI der NPCs ist also in einer Weise programmiert, daß sie in Einklang mit ihrem Charakter versucht zu entscheiden: Was ist der effektivste und effizienteste Weg, an eine bestimmte Situation heranzugehen? Das ist das Grundprinzip.“

Jeder NPC verfügt also über eine eigene kleine KI, die von den storybedingten Charaktereigenschaften beeinflusst und definiert wird. Das heißt natürlich auch, daß jeder NPC Stärken, Schwächen und eine eigene Spielweise besitzt. 

Das zeigte sich am deutlichsten bei dem Endgegner, einem Kampf mit mehreren Phasen, bei dem man in einer Phase über verwinkelte Stege laufen musste. Während ein NPC sich ganz vorsichtig über den Steg tastete, lief ein anderer schnell voran und fiel natürlich runter.

Nach dem gelungenen Lauf war ich ziemlich von dem neuen Koop-System überzeugt. Die Charaktere zeigten Tiefgang und variierten ihre Entscheidungen. Bei jeder Situation, entschied die individuelle KI unterschiedlich, was jeden Kampf und jeden Versuch einzigartig machte. Zu keiner Zeit hatte ich den Eindruck, daß irgendwelche Skripts ausgeführt wurden oder daß Abläufe festgeschrieben wären. Auch die Auswahl der Gegner geschah flexibel. „Das wirklich raffinierte an den NPCs ist, daß ihre AIs schon von vornherein merken, welche Monster den meisten Ärger bedeuten. Von daher wissen die NPCs genau, welche Monster sie zuerst loswerden wollen.“, erklärte Naoki später.

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Ein Ausblick in die Zukunft

Wenn Shadowbringers also am 2. Juli erscheint, werden viele Spieler das Trust System ausgiebig testen und nutzen. Beim Release steht es nur für die neun neuen Shadowbringers Dungeons zur Verfügung. Auf die Frage, wie und ob das System auch auf früheren Content ausgedehnt wird, antwortete Naoki diplomatisch: „Wir geben damit den Spielern die Gelegenheit, Gruppencontent solo zu spielen, was irgendwie in krassem Widerspruch dazu steht, worum es in einem MMORPG geht. Deshalb wollen wir von den Spielern wissen, wie dieses System ihnen gefällt. Wir wollen wissen, wie es sich für sie anfühlt, ob die Spieler mehr davon haben möchten, oder ob das, was wir damit haben, schon genug ist. Wir werden also abwarten, wie es von den Spielern angenommen wird und dann erst entscheiden, ob wir es ausbauen wollen.“

Die anderen Enthüllungen während dem Pressevent haben wir in dem Artikel „Final Fantasy XIV – Shadowbringers: Neues vom Presseevent in London“ zusammengefasst.

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Hier findet ihr die Final Fantasy XIV: Shadowbringers auf Steam.
Und hier auf Amazon.

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