Fortnite World Cup

In Flushing Meadows, New York, fand am vergangenen Wochenende das Finale des ersten Fortnite World Cup statt. Die besten Fortnite Spieler der Welt versammelten sich hier in einem Wettstreit um sage und schreibe 30 Millionen $ Preisgeld. Zehntausende Zuschauer lockte das Event in das Arthur Ashe-Stadion, um die actionreichen Kämpfe live zu verfolgen. Millionen weitere Menschen sahen in den Livestreams auf Twitch und YouTube zu. Ein riesiges Showevent also, mit einem gravierenden Haken. Unter den 100 Finalisten war nicht eine einzige Frau.

Professionelles Gaming ist weiterhin der am schnellsten wachsende Unterhaltungsmarkt. Die Zuschauerzahlen für kompetitives Gaming sind in diesem Jahr auf 450 Millionen geklettert. Trotzdem sind weibliche Pro-Gamerinnen sehr rar. Es gibt zwar auch prominente Beispiele für weibliche Profis. Die Transfrau Sasha „Scarlett“ Hostyn ist eine der erfolgreichsten Starcraft II-Spielerinnen der Welt. Katherine „Mystik“ Gunn ist die bestbezahlte weibliche Gamerin der Branche und hat die Reality-TV-Show WCG Ultimate Gamer des SyFy-Kanals gewonnen. Fortnite hat Stars wie One_Shot_Gurl und Loeya. Aber sobald man sich große Turniere anschaut, egal ob Call of Duty, League of Legends oder Hearthstone, die Anzahl der weiblichen Teilnehmerinnen kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Der Autor Keith Stuart hat sich in der kanadischen Zeitschrift Brinkwire die Frage gestellt, wieso das so ist.

Wo sind die Frauen bei Turnieren?

Daß Frauen und Mädchen keine Videospiele spielen, ist ein Mythos. Die Stiftung Digitale Spiele Kultur belegt in einer großangelegten Studie, daß der Anteil der Frauen als Nutzer von Videospielen 47% beträgt. Auch andere Studien bestätigen diese Zahl. Die ESL (Electronic Sports League) und Intel versuchen mit speziellen Förderprogrammen, die Anzahl von Frauen im professionellen e-sport zu erhöhen. An Interesse oder Talent mangelt es bei den Frauen also definitiv nicht – eher an Beachtung. Das Datenanalyseunternehmen Nielsen ermittelte weiter, daß mittlerweile über ein Viertel der Zuschauer bei Pro-Gaming-Events weiblich sind. Aber warum waren dann trotzdem keine Frauen beim Fortnite World Cup?

Mann könnte nun süffisant behaupten „weil keine Frau dafür qualifiziert genug war“. Die Qualifizierungsläufe waren immerhin über 10 Wochen lang vollständig geöffnet, mehr als 40 Millionen Spieler*Innen traten ohne Einschränkungen gegeneinander an. Das mag zwar insoweit stimmen, daß die Qualifikationsregeln dementsprechend offen gestaltet waren. Aber das tatsächliche Problem sitzt wesentlich tiefer.

Kyle 'Bugha' Giersdorf
Fortnite World Cup Gewinner Kyle ‚Bugha‘ Giersdorf

Frauen im E-Sport unterrepräsentiert

Dies hängt zum Teil mit der Kultur der „Hardcore“ -Videospielgemeinschaften zusammen, die überwiegend von jungen Männern dominiert werden und infolgedessen Frauen häufig ablehnen. Trash Talk ist Standard in den meisten Online-Spielen und kann häufig zu frauenfeindlichen Beleidigungen und offenen Anfeindungen führen. Gerade wenn Spielerinnen mit einer Gruppe von Fremden online spielen, werden diese oft herabgesetzt und objektiviert, ihre Fähigkeiten werden ständig in Frage gestellt.

Wenn Frauen kompetitiv spielen und damit den heiligen Gral der männlichen Gamerschaft berühren, erheben sich frauenfeindliche Reaktionen oft auf ein ganz neues Level. Im Juni nahm ein 15-jähriges Mädchen an einem Turnier in New York teil, bei dem es um das Nintendo-Spiel Super Smash Bros ging und schlug prompt einen Top-Profi. Anschließend wurde sie von seinen Fans online verfolgt und gemobbt. Sie twitterte unter ihrem Gaming-Tag Bocchi und erklärte, sie würde den Turnierkreis wegen dem Mobbing verlassen.

Das Problem ist alles andere als neu. Als die BBC 2016 die Pro-Gamerin Steph Harvey interviewte, erklärte sie: „Es ist immer noch ein“ Jungen-Club“, so dass man als Frau automatisch anders beurteilt wird. Die Art und Weise meiner Belästigung beinhaltet Aussagen, was sie mit meinem Körper tun würden, oder daß ich es nicht verdiene hier zu sein und daß ich mein Geschlecht zu meinem Vorteil nutzen würde. Es ist alles sehr plastisch.“

Selbst Frauen, die es in bekannte professionelle Esportteams schaffen, sind Missbrauch und Herabsetzung ausgesetzt. Im Juni twitterte die Streamerin und Pro-Gamerin Lunarkats ein Video, in dem sie Counter Strike Global Offensive online spielt. Dabei wird sie von ihren „professionellen“ Teamkollegen sexuell angegangen und gemobbt.

Weitere Probleme, mit denen Gamerinnen zu kämpfen haben, sind fehlende Chancengleichheit, Sicherheitsprobleme, soziale Stigmatisierung und das Fehlen positiver Vorbilder. Die gleichen Probleme stellen sich auch im herkömmlichen Sport. Auch Eltern, die vornehmlich ihre Söhne bei e-Sport-Bestrebungen unterstützen, können Teil des Problems werden.

Lösungsmöglichkeiten

Eine Möglichkeit bestünde darin, Ligen und Wettbewerbe nur für Frauen einzurichten. Dadurch könnte jungen Spielerinnen ein weniger toxisches Umfeld geboten werden, in dem sie ihre Fähigkeiten verbessern und an Wettkämpfen teilnehmen können. Das sollte aber nicht die Lösung sein. Eine geschlechtsspezifische Aufteilung wäre, wie im z.B. im Fußball, ein Mittel, um weibliche Spielerinnen zu benachteiligen und unterzubewerten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Sportarten gibt es keine physischen Unterschiede, die eine geschlechtsspezifische Trennung rechtfertigen. Das Vorurteil, Männer wären in Spielen einfach besser als Frauen, hält sich hartnäckig und wird von einem Großteil der männlichen Gamer testosteronbedingt verteidigt. Vielmehr sind es soziokulturelle Barrieren, das Online-Gatekeeping und der Argwohn, mit dem Wettbewerberinnen betrachtet werden. Alle diese Punkte sind zusammengenommen die Hindernisse für einen derzeitigen größeren Erfolg.

Wenn sich die Situation verbessern soll, müssen Publisher, Veranstalter, Sponsoren und Teambesitzer mehr weibliche Spieler gewinnen und beschäftigen, um die oft sexistische Kultur der wettbewerbsorientierten Spielszene aufzubrechen. Weiter müssen bessere Mittel zur Moderation und Strafen für toxisches Verhalten geschaffen werden, für Profis und auch für Amateure. Außerdem muß das oft bestehende Ungleichgewicht in der Bezahlung männlicher und weiblicher Profis beseitigt werden.

Kleine Schritte in die richtige Richtung

Fortnite ist in einer guten Position, um mehr weibliche Profis anzuziehen. Es verfügt bereits über ein viel größeres weibliches Publikum als die meisten Online-Shooter. Epic schätzt, dass Frauen 35% der User des Spiels ausmachen. Epic hat sich auch bemüht, weibliche Streamer und Pro-Player zu gewinnen und zu unterstützen. Mehrere bekannte YouTube- und Twitch-Stars wie One_Shot_Gurl, Alexia Raye, LoserFruit und Ewok wurden zur Teilnahme an den Pro-Celebrity-Matches der Fortnite WM eingeladen.

Professionelles Gaming sollte eine moderne, zukunftsorientierte Branche sein. Der alltägliche und institutionelle Sexismus sollte gerade hier keinen Platz haben hinsichtlich dem Stellenwert, den dieser Sport mittlerweile in der Gesellschaft einnimmt.
Es ist höchste Zeit, sich dessen bewusst zu werden, damit ausschliesslich männliche Listen wie beim Fortnite World Cup nicht Standard bleiben.

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