#videogamesarenottoblame

#VideogamesAreNotToBlame? Heute morgen kam es in den USA zu einem erschreckenden Vorfall in einem Süssigkeitenladen. Eine Frau mittleren Alters sortierte minutenlang die Bonbons in der Auslage. Dann nahm sie einen Hammer aus der Tasche und schlug die komplette Auslage kurz und klein. Laut Polizeibericht handelte es sich bei der Täterin um eine passionierte Candy Crush-Spielerin. Präsident Trump forderte umgehend auf Twitter einen Verbot von Candy Crush, um sinnlose Gewalttaten wie diese zu verhindern.

Natürlich ist das nie geschehen, die Geschichte haben wir uns ausgedacht. Aber zynischerweise ist es dasselbe Thema, um das sich derzeit vor allem in den USA die Diskussion dreht. Nach dem Massaker in El Paso, als ein Mann in einem Supermarkt 20 Menschen erschoss, waren für Donald Trump die Schuldigen schnell gefunden. Videospiele! Kein Wort zu dem rassistischen Manifest, welches der Täter vorher im Internet veröffentlicht hat. Darin wird von einer „Hispanischen Invasion“ gefaselt, daß alle Mexikaner Vergewaltiger seien und Immigranten dorthin zurückgehen sollten, wo sie herkommen.

Diese Ausdrücke findet man heute oft im Netz, mehrheitlich benutzt von wütenden Trump-Anhängern. Trump selbst hat in seinen Reden immer wieder diese rassistischen Stereotypen bedient. Würde er also nun zugeben, daß genau dieser Hass mitverantwortlich ist für das entsetzliche Massaker, müsste er damit zugeben, daß er eine Mitschuld trägt.

Also muß ein Schuldiger her, der den Täter zu der Tat getrieben hat. Und wie nach jedem Amoklauf in den USA müssen dafür wieder die Videospiele herhalten. Es ist mittlerweile schon zum Reflex geworden, derlei Taten dieser Freizeitbeschäftigung anzulasten. Aber hält diese Sichtweise auch wissenschaftlichen Untersuchungen und Statistiken stand?

Zahllose Studien belegen, daß kein Zusammenhang besteht

Eine Studie der Universität York versuchte herauszufinden, ob das spielen von Videospielen mit extrem gewalttätigen Darstellungen Effekte auf den Realitätsbezug der Probanden hat. Das konnte nachweislich ausgeschlossen werden. Keiner der Probanden zeigte eine Veränderung in der Art und Weise, wie er oder sie die Realität wahrnimmt, selbst direkt nach langen Spielsessions.

Im Jahr 2013, in der Zeit, als die „Killerspieldebatte“ auch die deutschen Schlagzeilen beherrschte, veröffentlichte die Frankfurter Rundschau eine großangelegte US-amerikanische Studie. Hier wurde speziell untersucht, welchen Einfluss gewalthaltige Spiele auf Jugendliche mit Depressionen oder ADHS haben. Das Ergebnis war, daß solche Spiele die Jugendlichen eher beruhigt haben und es infolge dessen zu weniger aggressivem Verhalten kam, nicht zu mehr.

Auch die Kriminalitätsstatistik spricht gegen einen Zusammenhang von Videospielen und Gewalt. Während der Konsum gewalthaltiger Videospiele konstant steigt, sinkt sogar die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen. Darüber hinaus ist zu beobachten, daß Videospiele eher einen positiven Einfluss auf junge Menschen haben. Einige schulen zum Beispiel problemlösendes Denken, andere fördern die Kooperation unter Jugendlichen, unabhängig der sozialen Herkunft. Dabei ist es völlig gleich, ob es sich nun um Roblox handelt, oder um PUBG.

Das waren jetzt nur wenige Beispiele, die aber verdeutlichen, daß sich auch ein US-Präsident nicht einfach hinstellen kann und entgegen der wissenschaftlichen Faktenlage Behauptungen aufstellen sollte. #VideogamesAreNotToBlame. Aber daß Trump von der Wissenschaft nicht besonders viel hält, ist leider hinlänglich bekannt.

Die öffentliche Meinung hat sich geändert

Betrachtet man Veröffentlichungen aus den 80er Jahren bis zu den 2010er Jahren, so sieht man, daß sich die Auffassung über die Auswirkungen virtueller Gewaltdarstellungen grundlegend geändert haben. Als Anfangs die ersten Videospiele mit offener Gewalt auf den Markt kamen, haben Eltern und Medienvertreter Zeter und Mordio geschrien. Das Ende der Zivilisation wurde an die Wand gemalt. Doch nach und nach beruhigten sich die Gemüter und diese Spiele wurden akzeptiert. Sie wurden sogar zum Mainstream.

Auch der Charakter der Studien, die Gewalt zu Videospielen untersuchten, hat sich im Laufe der Zeit geändert. Während die ersten Studien den Zweck hatten, den Zusammenhang zwischen Gewalt in Videospielen und Gewalt in der Realität zu beweisen, geht man heute neutral an die Fragestellung heran, was zu unvoreingenommenen Ergebnissen führt. Und die Mehrzahl dieser Ergebnisse zeichnet eben ein klares Bild.

Fortnite führt nicht dazu, daß Menschen versuchen Türme zu bauen und von diesen Leute zu erschießen. GTA-Spieler klauen nicht plötzlich mehr Autos und verprügeln wahllos Leute. Gods of War-Fans filetieren keine Mitmenschen. Nirgendwo lauern Sniper Elite Spieler, um Mitmenschen mit einem Schuss ins Jenseits zu befördern und schon gar nicht versuchen sich Jugendliche Mortal Kombat X Spieler gegenseitig möglichst effektiv umzubringen. Zumindest nicht in der Realität, und darauf kommt es an. Es ist eben nicht so einfach, wie Trump es versucht darzustellen, deshalb wehrtsich die Gaming Community massiv unter dem Hashtag #VideogamesAreNotToBlame gegen die Anschuldigungen.

#VideogamesAreNotToBlame

Es ist zu einfach, zu durchsichtig, was Donald Trump versucht. Er versucht, sein eigenes Wahlvolk zufriedenzustellen und von seiner eigenen Mitverantwortung abzulenken. Aber offenbar klappt es ganz gut, sonst müssten wir uns nicht damit beschäftigen, darüber einen Artikel zu schreiben. Nach seiner Äusserung sind die Aktien vieler Computerspielfirmen eingebrochen. Man hat einen Sündenbock ausgemacht und jetzt wird zur Jagd geblasen. Mit virtuellen Fackeln und Heugabeln, wie in den guten alten Zeiten der Hexenvervolgung.

Bleibt zu hoffen, daß die Vernunft schlußendlich siegt. #VideogamesAreNotToBlame, die Schuldigen sind nicht Videospiele. Die Schuldigen sind Präsidenten, die ihre Bevölkerung zum Hass erziehen und skrupellose Waffenlobbyisten, denen an einer Maximierung ihrer Profite gelegen ist.

Mehr zu diesem Thema: Trump gibt Videospielen die Schuld an den Massakern von El Paso und Dayton

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