Knapp zwei Jahre sind vergangen seitdem die systematische Belästigung bei Activision Blizzard offengelegt worden ist. Jetzt hat sich Bobby Kotick, der Präsident von Activision Blizzard, in einem Interview bei Variety zu Wort gemeldet. Seine Aussagen zeigen, dass er nichts aus den letzten beiden Jahren gelernt hat.
Zur Erinnerung: Im Sommer 2021 hatte die California Department of Fair Employment and Housing auf Basis einer zweijährigen Untersuchung Activision Blizzard verklagt. An zahlreichen Beispielen hatte die Behörde aufgezeigt, dass es innerhalb des Unternehmen zu systematischem Sexismus von weiblichen Angestellten gekommen sei.
Im Februar diesen Jahres hatte die US-Börsenaufsicht SEC außerdem ermittelt, dass es keine Mittel gegeben hatte, um eine Untersuchung dieses toxischen Verhaltens in die Wege zu leiten.
Man sollte meinen, dass diese Beweislast ausreiche, um das toxische Gedankengut aus Activision Blizzard zu pressen. Doch Personen wie Bobby Kotick zeigen, dass Unkraut anscheinend wirklich nicht vergeht – und vor allem seine Meinung nicht ändert.
In einem Interview mit Variety erklärt Kotick, dass es keine systematische Belästigung in dem Unternehmen gebe. Für einen aus 17.000 Mitarbeitenden bestehenden Konzern soll der Anteil von Belästigung sogar übermäßig gering sein.
Bobby Kotick – Der Gewerkschaftsfreund?!
Die in den letzten Jahren getätigten Aussagen entsprächen nicht der Wahrheit und stammten von Gewerkschaftsmitgliedern, die schon lange versuchten Activision Blizzard von innen heraus zu destabilisieren. Aber Leute, keine Sorge. Bobby Kotick ist kein Feind von Gewerkschaften. Schließlich ist er selbst in einer! Nachdem er 2011 eine kleine Rolle in Money Ball übernommen hatte, war er der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA beigetreten.
Was er nur vergessen hatte zu erwähnen war, dass Activision Blizzard zusammen mit zehn anderen Publishern mit eben dieser Gewerkschaft aneinander geraten war. SAG-AFTRA hatte von 2016 bis 2017 zu einem Streik der Synchronsprechenden aufgerufen, um bessere Arbeitsbedingungen für diese zu erzielen. Dazu gehörte unter anderem eine verbesserte Transparenz der Verträge, eine höhere Bezahlung in Abhängigkeit des Spielerfolgs und der Schutz der Stimme durch verkürzte Aufnahme-Sessions.
Ein weiterer Beweis dafür, dass Kotick nur wenig von Arbeitnehmerrechten hält.
Antisemitismus & Mordrohungen
Nachdem Kotick sein Bild von der bösen Gewerkschaft gezeichnet hatte, begibt er sich selbst in die Opferrolle. So sollen die Bilder, die von ihm im Internet kursieren, antisemitische Untertöne besitzen und seine Kinder sogar Morddrohungen erhalten haben. Zugegebenermaßen sind Morddrohungen von geprellten Gaming-Fans nichts Neues. Sollten diese Anschuldigungen also wirklich stimmen, wäre zumindest das ein Punkt, in dem die Community wirklich zu weit gegangen ist.
Im Netz lässt sich nichts dazu finden, dass er in der Vergangenheit dazu Aussagen getätigt hat. Interessant ist allerdings, dass im Herbst 2021 Aussagen von Mitarbeitenden aufgetaucht sind, dass Kotick selbst Morddrohungen gegenüber seiner ehemaligen Assistentin ausgesprochen haben soll.
Wenn das Interview mit Variety also eines gezeigt hat, dann dass Bobby Kotick aus diesem Skandal nichts gelernt hat. Solange Personen wie er weiter Machtpositionen innerhalb der Gaming-Industrie besitzen, werden wir Probleme wie Sexismus nie aus unserem liebsten Hobby verbannen können.
Ganz ehrlich… der Release von Diablo IV liegt mir im Kontext dieses Interviews doch etwas quer im Magen.